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Traunkirchner Mords'gschicht

behandelt auch die Begriffe: Faschingsbrief, Moritatensänger
     
 
„Am Faschingsonntag alle Jahr, um die selbe Stunde. Da wird die Mords’gschicht vorgetragn, von dieser Männerrunde.“

Beginn des Mords'gschichtenliedes
Wo wird der Brauch in OÖ gelebt?

Zeitraum:
Faschingsonntag
Kategorie:
Faschingszeit, UNESCO-Kulturgüter

 

Seit über 100 Jahren wird jedes Jahr am Faschingsonntag die Traunkirchner Mords'gschicht vorgetragen. Die „Mordsg‘schichtensänger“ sind acht Männer in Frack und Zylinder, die ständig auf der Suche nach Missgeschicken der Traunkirchner Bürger sind. Im Fasching verpacken sie diese in nette, gesungene Geschichten. Bis so eine „Mordsg‘schicht“ steht, bedarf es bis zu 200 Stunden „Arbeitszeit“.

„Am Faschingsonntag alle Jahr, um die selbe Stunde. Da wird die Mords’gschicht vorgetragn, von dieser Männerrunde.“ Mit diesen Worten – gesungen zu einer über 100 Jahre alten Melodie – beginnt das alljährliche Traunkirchner Moritatenlied. In diesem Lied wird verschmitzt verpackt, was den Traunkirchnern so übers Jahr passiert ist. Die Moritatensänger besingen dabei niemanden, der wirklich zu Schaden gekommen ist. Ziel ist, dass das Faschingsg’schichtenopfer auch selber noch darüber lachen kann. Natürlich werden die Hoppalas noch ein wenig ausgeschmückt, sodass sie zur alten Mordsg‘schichtenmelodie passen.

Die Mordsg’schichtenredaktion ist von Faschingmontag bis Faschingsamstag des Folgejahres geöffnet. Die Sänger selbst sind fleißig am Recherchieren und das gelingt natürlich bestens am Wirtshaustisch: „Man erfährt hier allerhand Sachen! Natürlich haben wir aber auch unsere Zulieferer, die uns von diversen Missgeschicken erzählen“, sagt Rudolf Hödl, ehemaliger PrEsident [sic] der Mordsg’schichtensänger. Er hat auch einen SekretEr, [sic] einen jungen Sänger, der ebenfalls gerne recherchiert: „Einmal wurde uns von Jägern berichtet, dass eine Gams zum Abschuss freigegeben wurde. Die Jäger machten sich auf den Weg, um das Tier zu erlegen. Zuerst setzten sie sich aber in der Jagdhütte gemütlich zusammen. Unglaublich aber wahr: Die Gams schaute plötzlich zum Fenster herein – doch die Gewehre waren draußen im Auto der Jäger!“

Diese Situation und auch die weiteren Missgeschicke muss man sich auch bildlich vorstellen können. Deshalb wird zu jeder Mordsg’schicht auch eine Zeichnung angefertigt, die am Faschingsonntag den Zusehern präsentiert wird. Diese Comics schafften es sogar schon ins internationale Nextcomic-Festival, Europas größte Karikaturausstellung.

Die Mordsg’schichtensänger, darunter Lehrer, Beamte und Unternehmer, sind verschwiegene Leute, denn nichts kann sie dazu bewegen, die diesjährigen Geschichten vor dem Faschingsonntag preiszugeben. Die acht Herren in Frack und Zylinder sind am Faschingssonntag ab 14.00 Uhr in verschiedenen Gasthäusern des Dorfes anzutreffen, um die Moritaten vorzutragen. Viele Treffen der Männerrunde sind vorab notwendig, um die Missgeschicke in Strophen zu reimen und auszuwählen, welche Peinlichkeit überhaupt einer Mordsg’schicht würdig erscheint. „Wir haben immer wieder Dorfbewohner dabei, die so „patschert“ sind, dass sie fast jährlich in der Mordsg’schicht vorkommen, “ erzählt Rudolf Hödl schmunzelnd.

Moritatensänger und Faschingszeitungen waren vor mehr als 100 Jahren sehr verbreitet, erzählten sie doch in einer Zeit, in der es keine Massenmedien gab, von Klatsch und Tratsch im Ort. In Traunkirchen haben sich die Mordsg‘schichten erhalten. 2014 wurden sie in die UNESCO-Liste der Immateriellen Kulturgüter aufgenommen.

Siehe auch: Obertrauner Keppelweiba

    Moritatensänger
Die Mords'gschichtensänger 2016
Foto/Klemens Fellner Mordsgschichtensänger-Probe
Die Mords'gschichtensänger beim Dichten der Strophen
Foto/Galatz Moritatensänger
Die Mords'gschichtensänger 2016
Foto/Klemens Fellner